Systemfehler: Der Cum-Ex Skandal

Systemfehler: Der Cum-Ex Skandal

Regie: Judith Lentze

DokuFilmTV

Deutschland, 2025
90 Min.

Masterplan - Das Potsdamer Treffen und seine Folgen Überleben -Ein Arzt und sein Krebs

zero one film in Koproduktion mit Friedrich Moser Film und ZDF/3sat .

TV-Erstausstrahlung: 16. April 2025, 3sat

Inhalt

Mit Cum-Ex verbindet man den wohl größten Steuerraub der Geschichte. Er blieb viele Jahre lang unentdeckt, bis einige mutige Menschen die Wahrheit ans Licht bringen. Der Film rekonstruiert mit Beschuldigten, Ermittlerinnen und Investigativjournalisten detailliert, wie Banken, Investoren und Anwälte vorgingen, um europäische Staaten um Milliarden zu betrügen, und wie es zu Urteilen gegen „White-Collar“-Kriminelle kam.

Inspiriert von den Recherchen des Investigativ-Journalisten Oliver Schröm („Die Cum-Ex Files“) rollt die Regisseurin Judith Lentze den Fall multiperspektivisch auf. Sie zeigt, wie seit den 1990er Jahren der Steuerbetrug durch ausgeklügelte Wertpapiertransaktionen organisiert wurde und jahrelang ungeahndet bleiben konnte.

Zahlreiche Banken – ob privat oder öffentlich – und deren Anwälte errichteten ein Dickicht von juristischen Argumentationen, um sich zur Rechtfertigung ihres Betrugs auf eine angebliche Gesetzeslücke zu berufen, die es nie gab. Mittels Insiderwissen von Finanzbeamten wie Martin Sell oder dem Kronzeugen Uwe Steck, der im Oktober 2024 selbst angeklagt wurde, deckt der Film auf, wie diese Argumentation jahrelang funktionierte.

Er veranschaulicht den hohen Abstraktionsgrad des digitalisierten Börsenhandels, der nicht mit der Arbeitsweise der Steuer- und der Ermittlungsbehörden kompatibel ist, und zeigt, dass die Steuergesetzgebungen nicht mit den Realitäten der globalen Finanzmärkte Schritt halten können, wie Wertpapierexperte Alexander Heist erklärt. Und weil europäische Steuerbehörden kaum zusammenarbeiten, konnten die Betrüger unbemerkt von Land zu Land wechseln. Dänemark liefert dafür ein besonders eindrückliches Beispiel.

Anders in den USA: Bereits 2008 prangerte Senator Carl Levin die Machenschaften in aller Öffentlichkeit an und machten das Land für Investoren unattraktiv. Das Geschäft verlagerte sich nach Europa, internationale Investoren nutzten nun das vermeintliche deutsche Steuerschlupfloch.

Auf europäischer Ebene wurden noch immer nicht alle nötigen Maßnahmen getroffen, um diese Entwicklung zu stoppen, wie die Journalisten Oliver Schröm und Stefan Melichar sowie der Finanzwirtschaftsexperte Christoph Spengel kritisieren. Obwohl der Schaden  durch rein steuergetriebene Wertpapiergeschäfte inoffiziell europaweit auf 55 Milliarden Euro geschätzt wird. Und obwohl der Skandal auch politische Kreise zieht, wie der Hamburger Untersuchungsausschuss zu den Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank verdeutlicht.

Mutige Menschen in den deutschen Steuerbehörden, bei der Staatsanwaltschaft und bei Gerichten wie Jana Stobinski, Anne Brorhilker und Roland Zickler, die sich im Film äußern, haben für die Aufarbeitung dieser komplexen Sachverhalte gesorgt und die Strafverfolgung bis zur Verurteilung betrieben. Im Laufe dieses Prozesses wurde die Durchsuchung zahlreicher Bankhäuser veranlaßt, unzählige Unterlagen und tausende Excel-Tabellen gesichert und gesichtet. Die Beamten mussten Einschüchterungen trotzen, wurden mit Klagen überzogen und führten einen jahrelangen Kampf gegen mächtige Gegner, allen voran der inzwischen verurteilte Hanno Berger. Ihre unerschütterliche Überzeugung, dass ein Verbrechen vorliegt und geahndet werden muss, macht den Film zu einer Heldengeschichte - über einen Skandal, der die Gesellschaft bis heute teuer zu stehen kommt.

Zwar gab es in Deutschland inzwischen 20 Urteile gegen Cum-Ex-Betrüger, denen jedoch die Zahl von international rund 2000 Beschuldigten gegenübersteht. Weitere Prozesse sind nicht in Sicht. Cum-Ex gilt in Deutschland als gestoppt, doch nach wie vor ermöglichen Unterschiede in den europäischen Steuersystemen Betrügereien durch rein steuergetriebene Wertpapiergeschäfte.

Credits

Regie Judith Lentze
Buch Oliver Schröm und Judith Lentze
Montage Barbara Gies
Kamera Friedrich Moser, Johann Feindt, Axel Schneppat
Musik Thomas Kathriner, Christoph Stock
Sprecher Dirk von Lowtzow

mit
Michael Sell
Richard Collier
Jana Stobinsky
Oliver Schröm
Alexander Heist
Anne Brorhilker
Gerhard Schick
Roland Zickler
Birgit Orths
Christoph Spengel
Reuven Avi-Yohah
Stefan Melichar
Niels Fastrup
Karsten Lauritzen
Elise Bean

Ton Herbert Verdino, Andreas Liu, Julian Giacomuzzi, Sebastian Levy Polat, Mathias Edelmann
Graphic Design Darren Culley
Sprachaufnahme Oliver Brod
Sound Supervisor Jakob Studnicka
Sound Design & Mischung Michael Plöderl
Colorist Bernhard Schlick
Mastering Stefan Imnitzer
Produktionsleitung Marion Glaser
Herstellungsleitung Tassilo Aschauer
Redaktion Udo Bremer (ZDF/3sat)
Executive Producer Michael Kölmel, Bianca Krippendorf
Produzent Thomas Kufus
Ko-Produzent Friedrich Moser