Anna Lindh und ihr Mörder

Anna Lindh und ihr Mörder

Regie: Joakim Demmer, Max Thomas Mehr

DokuFilmTV

Deutschland, Frankreich, 2004
52 Min.

American Dreams Aus Liebe zum Volk

zero one film in Koproduktion mit ARTE (D/F).

TV-Erstausstrahlung: 25.08.2004, ARTE

Inhalt

Am Nachmittag des 10. September 2003 hat sich die schwedische Außenministerin Anna Lindh einen kurzen Urlaub von der Außenpolitik gegönnt.
Mit ihrer Freundin Eva Franchell geht Anna Lindh an diesem Nachmittag ins Stockholmer KADEWE, das NK heißt, shoppen. Für eine Talkshow über das Für und Wider der Einführung des Euro in Schweden will sie sich noch schnell ein neues Kostüm kaufen. In einer Boutique des Edel-Kaufhauses wird sie plötzlich von einem Mann angegriffen und niedergestochen. Einen halben Tag später, am frühen Morgen des 11. September 2003 erliegt sie ihren inneren Verletzungen.

Der Mord geschieht wenige Tage vor der Volksabstimmung über die Einführung des Euro in Schweden. Anna Lindh - und nicht der sozialdemokratische Partei- und Regierungschef Göran Persson - ist das Zugpferd der Euro-Befürworter. Freunde und politische Wegbegleiter schildern im Film die aufgeheizte Stimmung des in der Eurofrage tief gespaltenen Landes. Sogar die Sozialdemokratie kämpft in zwei Lagern.
Zeugen und Freunde rekonstruieren im Film auch den Tathergang und ihre persönliche Verarbeitung der Trauer.

Die Niederlage der Eurobefürworter ist schon absehbar als die Außenministerin ermordet wird. Anna Lindh ist trotzdem auf dem Höhepunkt ihrer politischen Karriere. Sie steht kurz davor, Partei- und Regierungschef Göran Persson zu beerben.

Vierzehn Tage später wird ihr Mörder Mijailo Mijailovic, ein serbischer Einwanderer der zweiten Generation, festgenommen. Der 24-jährige hat bereits als 17-jähriger seinen Vater mit dem Messer attackiert. Seither durchlief er viele Stationen psychiatrischer Betreuung, ohne das ihm wirklich geholfen wurde. In Schweden geboren, war er als Sechsjähriger ins Flugzeug nach Serbien gesetzt worden, um bei den Großeltern eingeschult zu werden. Erst mit dreizehn kehrt er in den Wirren der ethnischen Kriege auf dem Balkan wieder nach Stockholm zurück. Der Vater trinkt, die Familiensituation wird von Zeugen als „tragisch“ geschildert.

In Gesprächen mit ihrem Ehemann Bo Holmberg, ihrer Freundin Eva Franchell und anderen politischen und persönlichen Wegbegleitern versucht der Film die Lebenswelt der außergewöhnlich erfolgreichen Politikerin Anna Lindh nachzuzeichnen, vom Anti-Vietnamkriegsprotest der 13-jährigen bis zum Plädoyer der Außenministerin für eine Nato-Intervention in Serbien wegen der Kosovokrise. Und der Film versucht in Gesprächen mit Psychologen, Anwälten und Bekannten des Einwandererkindes Mijailo Mijailovic seinen Absturz nachzuvollziehen. Ohne Ausbildung sieht er keinen Platz für sich in der schwedischen Gesellschaft. War er depressiv? Hatte er ein Motiv? Warum traf es Anna Lindh?

Credits

Kamera: Johan Nordström
Schnitt: Ursula Höf